Der Doppelgänger

Der Doppelgänger

Erschienen am Montag, 5. Oktober 2015

Ex-Verfassungsrichter di Fabio hat einen Doppelgänger. Es lohnt nicht einmal, einen Link auf das Magazin Der Spiegel Nr. 39 vom 19.9.2015 (Seiten 40 bis 43) herzustellen. Das war nicht der originale Udo di Fabio, der da spricht. Aufmerksame Leser werden es sofort gemerkt haben. Im Spiegel-Gespräch sagt ein Herr di Fabio auf Seite 41: „Er [der Rechtsstaat] garantiert, dass Verfahren eingehalten, Gesetze beachtet und Rechtsfrieden gewahrt werden.“

Da wusste man es sofort: ein Doppelgänger sprach. Denn der richtige Udo di Fabio unterzeichnete am 6. März 2002 das so genannte Rentenurteil mit dem Aktenzeichen
2 BvL 17/99. Dieses Urteil war die Grundlage für die Besteuerung der gesetzlichen Renten nach dem Alterseinkünftegesetz. Darin werden größtenteils Beträge für Renten verwendet, die es in dieser Höhe in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gibt. So steht es mehrfach in der gerichtseigenen Quelle. Und die verwendeten Pensionen gibt es teilweise auch nicht. Sie sind zu niedrig, da sie unter der so genannten Mindestversorgung für Beamte liegen. Und das zu versteuernde Zusatzeinkommen hat das Bundesverfassungsgericht, also auch der wirkliche Herr di Fabio, einfach viermal höher als in der gerichtseigenen Quelle angesetzt. Er hat an einem Fehlurteil mitgewirkt.

Der Doppelgänger ließ uns auch noch wissen: „Aufrechten Ganges leben kann der Mensch nur in einer selbst regierten Demokratie, unter der Herrschaft des Rechts und in einer sozialen Marktwirtschaft.“ In dem oben erwähnten Urteil wurde zwar die Steigerung der Renten angeführt, nicht aber die zweimalige ersatzlose Enteignung der Rentenversicherten um insgesamt siebzehn Jahreszahlungen.

Durch das Urteil 2 BvL 17/99 werden mit Hilfe falscher Zahlen zwei Drittel der Bevölkerung in die Altersarmut gedrängt. Herrschaft des Rechts? Sozial ist das, was sich das Bundesverfassungsgericht mit diesem fragwürdigen Urteil geleistet hat, auch nicht.

Schon seltsam, was ein di Fabio Doppelgänger so erzählt. Es liegt völlig neben der Realität. Und seltsam auch, dass Der Spiegel das Erzählte nachdruckt.