Ach Gottchen, die Medien

Ach Gottchen, die Medien

Erschienen am Montag, 22. Juni 2015

Manchmal finden sich in den Medien Artikel, die ungewollt erheiternd wirken. Da gibt es zum Beispiel den Herrn Göran Schattauer. Der schreibt für den Focus Artikel zu Auffälligkeiten im deutschen Rechtssystem und mailte vor kurzem: „Leider komme ich derzeit nicht dazu, mich um Ihr Anliegen zu kümmern. Falls das Thema später für uns relevant werden sollte, würde ich mich bei Ihnen melden.“ Und worum ging es? Es ging nur um die miesen Methoden des Deutsche Bundestags bzw. des so genannten Petitionsausschussdienstes, mit denen er das im Grundgesetz verankerte Petitionsrecht des Bürgers beugt. Kann man schon verstehen, dass Herr Schattauer da keine Gefahr für den Bürger sah und lieber über etwas anderes berichten will.

Oder nehmen Sie Frau Helen Zuber. Die schrieb in Der Spiegel Nr. 22 auf S. 86 über die Krise der politischen Parteien in Spanien: „Anders als in Deutschland, wo nach Ende des Zweiten Weltkriegs das neue Grundgesetz eine funktionierende Demokratie sicherte, gaben sich die Spanier zwar 1978 eine demokratische Verfassung. Aber in der gesellschaftlichen Praxis hebelten die Parteien die Kontrollen aus.“
Gut, dass bei uns die Parteien nicht über die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts bestimmen. Oder dass die Parteien nicht die Steuerungsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender dominieren. Oder einfach die Mehrheit der Bevölkerung durch Kürzung der Renten arm machen. Na ja, Frau Zuber scheint sich in Spanien besser auszukennen als in Deutschland. Schreibt sie doch: „Denn die Staatanwälte sind an die Weisungen der Minister in gebunden“ In Spanien, und nicht in Deutschland??? Mein Gott, Frau Zuber!

Oder nehmen Sie Tim Schäfer. Der schreibt wöchentlich über die Geschehnisse an der Wall Street für Euro am Sonntag, darüber hinaus auch er für das WirtschaftsBlatt in Österreich und die Börsenbriefe Prior Global und Prior Börse. Und Herr Schäfer machte eine Entdeckung: Altersarmut kann größte Krise Deutschlands werden. Sie kann. Und dann sprudeln die Erkenntnisse nur so aus ihm raus: „Ein Drittel der Deutschen hat keinerlei Ersparnisse. Ich finde das erschreckend. Viele dieser Menschen, die nicht frühzeitig Vorsorge fürs Alter treffen, stehen womöglich vor der Altersarmut. Zumal die Bundesregierung beschlossen hat, die Leistungen der gesetzlichen Rente schrittweise runter zu fahren.“ Aber, der Mann hat auch Empfehlungen: „Legen Sie besser jeden Monat etwas Geld auf die Seite. Empfehlenswert sind mindestens acht bis zehn Prozent des Einkommens.“ Ja, das werden sicher ganz viele Menschen können, mindestens acht bis zehn Prozent des Einkommens zur Seite legen. Und er hat noch andere Tipps: „Ich habe kein Auto. Ich nutze den ÖPNV. Gehe ich ins Restaurant, verzichte ich auf die Nachspeise. Oft ist mir diese zu teuer. Und sie schmeckt nicht.“ Sagte ich schon, dass Herr Schäfer in New York City und bei Frankfurt lebt? Beides Städte, die ein Nahverkehrsnetz haben. Wohl dem, der dort leben kann. Und, ob Herr Schäfer es nun glaubt oder nicht, es gibt Leute, die können sich nicht einmal einen Restaurantbesuch leisten.

Und dann gibt es noch eine Meldung. Die ist allerdings weniger komisch. Im Jahr 2005 mussten nur 800.000 Rentner auf ihre Rente Steuern zahlen. Heute sind es etwa fünf Millionen. Und es werden immer mehr, die über Steuern arm gemacht werden.

Die traurige Wahrheit, die Altersarmut ist in Deutschland längst angekommen, sie ist Realität.
Dafür sorgen schon unsere Politiker. Da brauchen wir keine Journalisten, die uns eine heile Welt vorgaukeln.