5.0 Die steuerlichen Nachteile der Pflichtversicherten und Rentner vor Einführung des Alterseinkünftegesetzes

5.0 Die steuerlichen Nachteile der Pflichtversicherten und Rentner vor Einführung des Alterseinkünftegesetzes

Für den eiligen Leser

Pflichtversicherte und Rentner mussten schon vor dem Urteil 2 BvL 17/99 des BVerfG vom 6. März 2002 massive Nachteile hinnehmen. Sie blieben dem BVerfG und der SVK verborgen. Die folgenden Ausführungen machen die erheblichen steuerlich-finanziellen Nachteile deutlich.
Die wahre Ursache der Altersarmut ist ein geldhungriger Gesetzgeber. Mithilfe von Gerichten und Sachverständigen bereichert er sich auf Kosten derjenigen, die er mit seinen Gesetzen in die Zwangsversicherungen treibt.
Dieses Kapitel zeigt auch, dass das Doppelbesteuerungsverbot des BVerfG verletzt wird. Der diesbezügliche Nachweis ist allerdings mit etwas Rechenaufwand verbunden.

5.1 Der Vorsorgepauschale-Nachteil

Die Vorsorgepauschale (VSP) war ein Steuernachlass, der für bestimmte Versicherungen gewährt wurde. Bis 1982 erhielten Pflichtversicherte und Beamte eine VSP in gleicher Höhe. Dies galt, obwohl Beamte von Beiträgen zur Renten- und zur Arbeitslosenversicherung befreit waren. Ab dem Jahr 1983 erhielten Beamte dann die ‚gekürzte’ VSP. Dennoch bekamen sie immer noch eine höhere Steuerermäßigung als Pflichtversicherte Diese galt nämlich für alle Versicherungen, die beide Gruppierungen gemeinsam haben (z. B. Kranken-, Pflege- und Lebensversicherung).

Die Bevorteilung von Beamten gegenüber Pflichtversicherten zeigt sich auch in Anwendung jener Methode, die die Sachverständigenkommission zur Aufteilung der VSP entwickelt hat: Ein typisierter Pflichtversicherter ist ledig und erhielt 45 Jahre einen Lohn in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze. Um seinen gesamten VSP-Nachteil zwischen 1960 und 2004 zu berechnen, muss er für jedes Jahr bestimmt werden. Der Nachteil wird niemals zurückerstattet. Dabei könnte er – sogar unverzinst – Altersarmut lindern. Bei Beamten hingegen führt die höhere VSP keineswegs zu einer höheren Besteuerung ihrer Altersruhegelder. Diese Last trifft nur diejenigen, die eine niedrigere VSP erhielten: die Pflichtversicherten.

Vergleich der VSP-Höhe von Beamten und Rentenversicherungspflichtigen

Die Aufteilung der VSP, wie sie die SVK vorgenommen hat, erlaubt auch eine kritische Überprüfung der Höhe der Vorsorgepauschale von Beamten. Nach dem Ansatz der SVK lässt sich für die Rentenversicherungspflichtigen berechnen, welcher Anteil der VSP auf die Renten- bzw. Arbeitslosenversicherung entfällt. Beamte entrichten keine Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung. Für einen sachgerechten Vergleich der VSP-Höhe von Beamten und Rentenversicherungspflichtigen muss man nur jene Versicherungen berücksichtigen, die beiden gemeinsam sind. Zur Demonstration wird exemplarisch je ein Jahr zwischen 1960 und 2004 herausgegriffen.

Im Beispieljahr 1982 betrug der Lohn des typisierten Pflichtversicherten 56.400 DM. Bei diesem Lohn entrichtete er folgende eigene Beiträge an die Pflichtversicherungen:

Pflichtversicherungsbeiträge des typisierten Pflichtversicherten im Jahr 1982

(alle Werte in DM)

Renten-

versicherung

Arbeitslosen-

versicherung

Kranken-

versicherung

Pflege-

versicherung

gesamte Sozial-

versicherung

5.076

1.128

2.538

0

8.742

Die Rentenversicherung macht also 58,6 Prozent der Sozialversicherung aus (5.076 : 8.742), die Arbeitslosenversicherung 12,9 Prozent (1.128 : 8.742). Die VSP für Beamte und Pflichtversicherte war gleich hoch, sie betrug 3.510 DM. Der Anteil der Rentenversicherung an der VSP beträgt 58,06 Prozent von 3.510 DM, also 2.038 DM. Der Anteil der Arbeitslosenversicherung betrug 12,9 Prozent von 3.510 DM, also 453 DM (gerundete Werte).

Von seiner VSP in Höhe von 3.510 DM verblieben dem typisierten Pflichtversicherten nach Abzug der Anteile der VSP für die Renten- und Arbeitslosenversicherung im Jahre 1982 also 1.019 DM (3.510 DM abzügl. 2.038 DM abzügl. 453 DM (gerundete Werte).

Während also einem Beamten die volle VSP in Höhe von 3.510 DM für seine Krankenversicherung zur Verfügung stand, waren es bei dem typisierten Pflichtversicherten nur noch 1.019 DM. Ihm entstand im Jahr 1982 ein VSP-Nachteil in Höhe von 2.491 DM.

Im Jahr 1983 wurde für Beamte durch das Haushaltsbegleitgesetz 1983 1)Gesetz zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts vom 20.12.1982 (Hauhaltsbegleitgesetz 1983). die gekürzte VSP eingeführt, ihre Höhe betrug 2.000 DM. Die Berechnungsmethode, die für 1982 angewandt wurde, kommt auch 1983 zur Anwendung.

Im Beispieljahr 1983 betrug der Lohn des typisierten Pflichtversicherten 60.000 DM. Bei diesem Lohn entrichtete er folgende eigene Beiträge an die Pflichtversicherungen:

Pflichtversicherungsbeiträge des typisierten Pflichtversicherten im Jahr 1983

(alle Werte in DM)

Renten-

versicherung

Arbeitslosen-

versicherung

Kranken-

versicherung

Pflege-

versicherung

gesamte Sozial-

versicherung

5.450

1.380

2.655

0

9.485

Die Rentenversicherung macht also 5.450 : 9.485 = 57,46 Prozent der Sozialversicherung aus, die Arbeitslosenversicherung 1.380 : 9.485 = 14,5 Prozent. Für den typisierten Pflichtversicherten betrug die VSP des Jahres 1983 immer noch 3.510 DM. Von diesem Betrag entfallen 57,46 Prozent auf die Rentenversicherung, also 2.017 DM. Bei der Arbeitslosenversicherung sind es 511 DM (gerundete Werte). Von seiner VSP in Höhe von 3.510 DM verblieben dem typisierten Pflichtversicherten im Jahre 1983 also 982 DM (3.510 DM abzügl. 2.017 DM abzügl. 511 DM).

Während einem Beamten auch nach ‚Kürzung’ der VSP 2.000 DM zur Verfügung standen, lag der entsprechende Betrag für den Pflichtversicherten bei nur 982 DM. Sein VSP-Nachteil betrug im Jahr 1983 also 1.018 DM (gerundete Werte).

Die aufgezeigten steuerlichen Nachteile bezogen sich auf die reduzierten Möglichkeiten der Geltendmachung der Krankenkassenbeiträge, da die Pflegeversicherung erst im Jahr 1995 eingeführt wurde. Die Vermutung, dass Beamte eine private Krankenversicherung eingehen müssten und für die höheren Beiträge auch eine höhere VSP benötigten, ist nicht richtig. Beamte unterliegen zwar auch bei niedrigeren Einkommen nicht der Versicherungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Eine Mitgliedschaft steht ihnen hier durchaus offen.

Für die Vorsorgepauschale lässt sich also folgende Situation zusammenfassen:

Die VSP wurde von allen Steuerzahlern viereinhalb Jahrzehnte (1960 bis 2004 bezogen. Man konnte daher darauf vertrauen, dass sich ihr Bezug nicht etwa in ferner Zukunft nachteilig auswirken würde.

Die VSP war in die Programme zur Steuerberechnung eingearbeitet. Die Steuerzahler konnten sich ihr also nicht entziehen.

Selbst wenn die VSP oder Teile von ihr eine Steuerschuld darstellen sollten, müsste diese Schuld verjährt sein. Hierfür spricht der lange Gewährungszeitraum.

Der spezifische Verlauf der VSP führt zu einer Subventionierung der Bezieher von Löhnen in der Nähe des halben Durchschnittslohns (siehe hierzu weiter unten in diesem Kapitel zum Grundpreis-Nachteil). Bei anderen staatlichen Subventionen (z. B. Wohnungsbauprämie, Sparförderung) wird bei Erreichung des Sparziels keine besondere Steuer erhoben.

Die VSP von Beamten war für ihre Versicherungen zu allen Zeiten höher als diejenige von Pflichtversicherten.

Ausschließlich für die Pflichtversicherten resultiert daraus eine erhöhte Steuer auf ihre Altersruhegelder. Beamte bleiben hiervon verschont.

Die Rechtmäßigkeit der von der SVK entwickelten Methode einer nachträglichen Aberkennung der VSP über eine erhöhte Besteuerung der Renten ist fragwürdig. Sie wurde aber jedoch bislang weder vom BVerfG noch vom BFH in Zweifel gezogen. 2)Eine profunde Untersuchung zu diesem Thema findet sich in: J. Hey, Verfassungswidrige Doppelbesteuerung im Übergang zur nachgelagerten Besteuerung, Deutsche Rentenversicherung. Heft 1-2, Januar/Februar 2004, S. 1-14.

Summiert und unverzinst ergibt sich für den Zeitraum von 1960 bis 2004 bei dem typisierten Pflichtversicherten ein VSP-Gesamtnachteil von ca. 25.000 Euro. Bei einem ledigen Durchschnittsverdienter, beträgt der VSP-Nachteil rd. 21.000 Euro.

5.2 Der Progressionsnachteil

Nach den Ausführungen des BVerfG ist der Eigenbeitrag des Pflichtversicherten zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen gering. Wenn diese Annahme richtig sein sollte, hat das Gericht allerdings einen wichtigen steuerlichen Aspekt nicht beachtet: Schon kurz nach der Entscheidung des BVerfG vom 6. März 2002 bemerkten Fachleute der international operierenden Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Ernst & Young, dass das Gericht einen weiteren steuerlichen Nachteil der Rentenversicherungspflichtigen „übersehen“ hat: den Progressionsnachteil.3)U. Hoereth, L. Zipfel (Ernst &Young), Was wird aus der Rentenbesteuerung? Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und seine Auswirkungen, Informationen zur ntv-Sendung Steuern transparent vom 21.3.2002, S. 15f. Diese Ungleichbehandlung wird deutlich, wenn man die steuerlichen Auswirkungen bestimmter Pflichtabgaben der Pflichtversicherten bestachtet:

Beamte sind von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung befreit. Pflichtversicherte dagegen entrichten diese Beiträge aus ihrem bereits versteuerten Lohn. Diese Beiträge erhöhen die Besteuerungsbasis gegenüber einem Beamten. Könnte der Pflichtversicherte seine Beiträge vollständig von der Steuer absetzen, wäre seine steuerliche Lage wie die eines Beamten. Denn der zu versteuernde Lohn wäre um jene Versicherungsbeiträge bereinigt, die ein Beamter nicht zu entrichten hat.

Die unterschiedliche Besteuerungsbasis sowie die daraus folgernde unterschiedlich hohe Steuer sollen am Beispiel des Jahres 2004 gezeigt werden. In diesem Jahr betrug der Lohn des typisierten Pflichtversicherten 61.800 Euro.

Pflichtversicherungsdaten im Jahr 2004

(Werte in Prozent bzw. Euro und teilweise gerundet)

Versicherung

Beitragssatz

Beitragsbemessungs-grenze

Beitrag des typisierten Pflichtversicherten

Rentenversicherung

19,5

61.800

6.026

Arbeitslosenversicherung

6,5

61.800

2.009

Summe

8.035

Die Tabelle zeigt, dass der typisierte Pflichtversicherte in Summe 8.035 Euro an Beitragszahlungen für die Renten- und Arbeitslosenversicherung leistete.

Aus dem bereits versteuerten Lohn entrichtete er 6.026 Euro Beitrag zur Rentenversicherung und 2.009 Euro zur Arbeitslosenversicherung, in Summe also 8.035,00 Euro. Der Lohn eines Beamten mit dem äquivalenten Einkommen des Pflichtversicherten müsste somit 53.765 Euro (61.800 Euro minus 8.035 Euro) betragen.

Die Lohnhöhe des Beamten gleich der Höhe des Pflichtversicherten zu setzen, verbietet sich. Denn sonst wäre die Höhe der rein lohnabhängigen Vorsorgepauschale gleich der Höhe, die der Pflichtversicherte erhält – obwohl Beamte von der Entrichtung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung ausgenommen sind.

Zur Abschätzung der Nachteilshöhe kann man die jeweils zu zahlende Steuer an Hand der Steuerkurven ermitteln. Das zu versteuernde Einkommen wird dabei gleich dem jeweiligen Lohn gesetzt abzüglich der jeweiligen VSP. Diese steht für verschiedene steuermindernde Abzüge. Zuschläge auf die Steuer werden vernachlässigt. Das betrifft die Ergänzungsabgabe (1968 – 1974), den Stabilitätszuschlag (in Teilen von 1973/74) und den Solidaritätszuschlag.

Anders als das Bundesverfassungsgericht und der Bundesfinanzhof unterstellen entstehen dem Pflichtversicherten allein durch den Progressionsnachteil bereits während seiner Aktivphase steuerlich-finanzielle Nachteile.

Tatsächlich können Pflichtversicherte einen Teil der zu einer erhöhten Steuer führenden Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung abziehen – aber eben nur einen Teil. Rechnet man ganz genau nach, so ergibt sich Folgendes für einen Pflichtversicherten mit einem Lohn an der Beitragsbemessungsgrenze (61.800 Euro) im Jahr 2004:

Der Pflichtversicherte erhält eine Vorsorgepauschale von 1.980 Euro. Aus Eigenmitteln, also ohne den Arbeitgeberanteil, entrichtet er
an die Rentenversicherung 6.025,50 Euro,
an die Arbeitslosenversicherung 2.008,50 Euro.
Im Jahr 2004 beträgt sein Beitrag zur Sozialversicherung (Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung) insgesamt 11.382,48 Euro.

Der Anteil der Rentenversicherung an der Sozialversicherung beträgt
6.025,50 Euro / 11.382,48 Euro = 52,93 Prozent.
Der Anteil der Arbeitslosenversicherung an der Sozialversicherung beträgt
2.008,50 Euro / 11.382,48 Euro = 17,65 Prozent.

Nach der Methode der Sachverständigenkommission kann man diese Prozentsätze auf die Vorsorgepauschale anwenden, um den deren Anteil an den verschiedenen Pflichtversicherungen zu ermitteln.

52,93 % von 1.980 Euro sind 1.048,01 Euro, 17,65 % von 1.980 Euro sind 349,47 Euro;
In Summe: (1.048,01 + 349,47) Euro = 1.397,48 Euro.

Mithin entrichtet ein Pflichtversicherter im Jahr 2004 mit einem Lohn an der Beitragsbemessungsgrenze an die Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung
(6.025,50 + 2.008,50) Euro = 8.034 Euro.

Für diese 8.034 Euro an Beiträgen erhält der Pflichtversicherte durch die Vorsorgepauschale 1.397,48 Euro, also 17,39 Prozent.

5.3 Der Grundpreis-Nachteil

Der Grundpreis einer Ware ist gemäß § 2 Preisangabenverordnung der Preis je Mengeneinheit, etwa bei Lebensmitteln der Preis von Käse pro Kilogramm oder bei Parkett der Preis pro Quadratmeter. Ähnliche Überlegungen lassen sich auch für die Höhe der Renten anstellen. Hier kann man fragen, wie hoch die Summe der Rentenversicherungsbeiträge aus versteuertem Lohn für 1.000 Euro der monatlichen Erstrente ist.

Man muss wissen, dass sich eine Rente aus dem Produkt von Entgeltpunkten aus der Erwerbsphase und dem Rentenwert berechnet. Während der Rentenwert jedes Jahr durch die Bundesregierung neu festgelegt wird, richtet sich die Anzahl jährlicher Entgeltpunkte nach dem Lohn des Pflichtversicherten. Die Ermittlung der Rentenhöhe nach Entgeltpunkten wurde erst mit dem Rentenreformgesetz 1992 eingeführt. Davor galten so genannte Werteinheiten: 100 Werteinheiten entsprechen 1,0 Entgeltpunkte. Ist der Lohn gleich dem Durchschnittslohn aller Pflichtversicherten, so gibt es genau einen Entgeltpunkt. Ist der Lohn höher, gibt es mehr Punkte. Bei geringerem Lohn gibt es entsprechend weniger Entgeltpunkte. Pflichtversicherte entrichten bei unterschiedlichen Löhnen auch unterschiedlich hohe Rentenversicherungsbeiträge aus versteuertem Einkommen.

Die Einzelheiten:

Ein Blick auf den Verlauf der Vorsorgepauschale (VSP) zwischen 1960 und 2004 zeigt, dass im ersten Drittel dieser Zeit (zwischen 1960 und 1974) die VSP eine Konstante war. Jeder Steuerzahler erhielt den gleichen Betrag. Danach nahm die VSP mit steigendem Lohn zunächst zu, erreichte einen Höchstwert und sank schließlich auf einen lohnunabhängigen Endwert.

Der Durchschnittslohn liegt etwa bei der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung. Die VSP erreicht ihren Höchstwert ungefähr bei der Hälfte des Durchschnittsohns, also etwa bei einem Viertel der Beitragsbemessungsgrenze. Es liegt daher nah zu untersuchen, wie hoch die Summe der Rentenversicherungsbeiträge für 1.000 Euro der Erstrente des typisierten Pflichtversicherten ist im Vergleich zu einem Pflichtversicherten ist, der ein Viertel des jeweiligen Lohns verdient.

Es zeigt sich, dass Pflichtversicherte für eine gleich hohe Erstrente von 1.000 Euro sehr unterschiedlich hohe Beiträge zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen entrichten, wenn sie im selben Jahr verrentet werden. Ihre Rente wird dann nämlich nach derselben Systematik besteuert (Steuersatz, Freibeträge).

Die Rente eines Pflichtversicherten ergibt sich aus dem Produkt von Entgeltpunkten aus der Erwerbsphase und dem Rentenwert. Während der Rentenwert jedes Jahr durch die Bundesregierung neu festgelegt wird, richtet sich die Anzahl jährlicher Entgeltpunkte nach dem Lohn des Pflichtversicherten. Ist der Lohn gleich dem Durchschnittslohn aller Pflichtversicherten, so gibt es genau einen Entgeltpunkt. Ist der Lohn höher, gibt es mehr, bei geringerem Lohn weniger Entgeltpunkte.

Der Berechnungsweg des Grundpreis-Nachteils ist im Prinzip der gleiche, den die Sachverständigenkommission vorgenommen hat. Er ist für beide Pflichtversicherte derselbe, für den typisierten Pflichtversicherten mit einem Lohn in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung und dem Pflichtversicherten mit einem Lohn in Höhe eines Viertels der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung:

Aus dem Lohn wird die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge ermittelt, darunter der Beitrag zur Rentenversicherung. Aus dem Anteil der Rentenversicherung an der Sozialversicherung ergibt sich der rentenversicherungsspezifische Anteil der VSP. Zur Ermittlung des Rentenversicherungsbeitrags aus versteuertem Einkommen wird von dem Rentenversicherungsbeitrag der rentenversicherungsspezifische Anteil der VSP abgezogen.

Die Anzahl der Entgeltpunkte eines Jahres ermittelt man aus dem Quotienten von Lohn des Pflichtversicherten und dem Durchschnittslohn.

Zur Feststellung des Grundpreis-Nachteils ermittelt man zunächst die Kosten aus versteuertem Einkommen für einen einzigen Entgeltpunkt des Pflichtversicherten. Der eigentliche Nachteil des typisierten Pflichtversicherten gegenüber einem Pflichtversicherten mit einem Viertel von dessen Lohn besteht für den typisierten Pflichtversicherten in der Differenz der Kosten je Entgeltpunkt multipliziert mit der Anzahl der Entgeltpunkte. Aus dem Produkt dieses Nachteils mit der Umlaufrendite inländischer Schuldverschreibungen ergibt sich der verzinste Grundpreis-Nachteil.

Für das Beispieljahr 1985 gelten nach dem Gesagten folgende Daten: Der Pflichtversicherte mit einem Lohn in Höhe eines Viertels zur Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung entrichtet 133 DM aus versteuertem Einkommen für rd. 0,459 Entgeltpunkte. Seine Kosten für einen Entgeltpunkt betragen daher ca. 289 DM. Der typisierte Pflichtversicherte entrichtete für einen Entgeltpunkt dagegen ca. 2.219 DM. Er entrichtet also etwa 1.930 DM mehr für einen einzigen Entgeltpunkt. Für alle von ihm erworbenen Entgeltpunkte beträgt der Grundpreis-Nachteil damit ca. 3.544 DM.

Der typisierte Pflichtversicherte entrichtet also je Entgeltpunkt einen deutlich höheren Rentenversicherungsbeitrag aus versteuertem Einkommen im Vergleich zu einem Pflichtversicherten, dessen Lohn ein Viertel der Beitragsbemessungsgrenze betrug.

Obwohl also Pflichtversicherte unterschiedlich hohe Beiträge aus versteuertem Einkommen für denselben Rentenanspruch entrichten, wird jeder Renten-Zugangsjahrgang nach der gleichen Systematik besteuert. Das heißt, die Höhe der Besteuerung und der Freibeträge sind für alle Neurentner gleich. Diese Situation schafft nicht nur erhebliche steuerliche Ungerechtigkeiten innerhalb der Gruppe der Rentner oder auch gegenüber Beamten, sie widerspricht vor allem dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

Nun könnte man einwenden, dass der Verlauf der VSP absichtlich so gewählt wurde, um Pflichtversicherten mit geringeren Löhnen die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen zu erleichtern. Sollten also soziale Aspekte bei der Ausgestaltung der VSP eine Rolle gespielt haben, so ist an einen Leitsatz des BVerfG zu erinnern: „Sollen nichtfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele den rechtfertigenden Grund für steuerliche Vergünstigungen bilden, so ist neben einer erkennbaren Entscheidung des Gesetzgebers auch ein Mindestmaß an zweckgerechter Ausgestaltung des Vergünstigungstatbestands erforderlich.“ Eine erkennbare diesbezügliche Entscheidung des Gesetzgebers liegt hier nicht vor.

5.4 Die verdeckte Besteuerung von Rentenversicherungsbeiträgen

Die Analyse der steuerlichen Situation von Pflichtversicherten und der Nicht-Pflichtversicherten ist ohne die Betrachtung der verdeckten Besteuerung von Rentenversicherungsbeiträgen unvollständig.
Denn die Pflichtbeiträge der einen bewirken Steuerersparnisse der anderen. Die Verwendung der Beiträge als Steuerersatz gehört bis heute zu den steuerlichen Gegebenheiten in der Erwerbsphase der Pflichtversicherten. Der Gesetzgeber gestattet es, dass der von ihm zu niedrig angesetzte Bundeszuschuss durch die Pflichtbeiträge der Versicherten aufgefüllt wird. Dieser Nachteil und die mit ihm einhergehende steuerliche Begünstigung anderer sollen hier genauer untersucht werden.

Der Wirtschaftsweise Prof. Peter Bofinger hat Mitte 2011 in einem Interview u. a. die versicherungsfremden Leistungen angesprochen:4)VDI-Nachrichten im Internet am 2.8.2011 unter www.vdi-nachrichten.com/artikel/Die-Loehne-muessen-wieder-steigen/19726/1. Ein zentrales Problem sei es, dass die sozialen Sicherungssysteme zur verdeckten Besteuerung verwendet würden. Ähnlich äußerte sich Prof. Wolfgang Franz, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, im März 2012.5)„Last für Generationen“, Der Spiegel vom 26.3.2012, S. 73. Schon früher hatte Bert Rürup zu den versicherungsfremden Leistungen in diesem Sinne Stellung genommen: „Eine versicherungsfremde Leistung macht aus einem Sozialversicherungsbeitrag eine Steuer.“6) U. Sosalla, Milliardenschwere Fremdleistungen belasten Sozialsysteme, Financial Times Deutschland vom 10.11.2005 unter http://www.ftd.de/pw/de/29984.html.
Diese von Bofinger und Rürup angesprochene verdeckte Besteuerung bedeutet in Klartext:
Die Rentenversicherungsbeiträge werden nicht nur aus dem individuell besteuerten Lohn abgeführt. Sie unterliegen darüberhinaus in ihrer Gesamtheit noch einmal einer so genannten verdeckten Besteuerung. Dabei dienen sie als Ersatz für den zu geringen Bundeszuschuss.

Der vom Gesetzgeber bereitgestellte Bundeszuschuss aus Steuermitteln ist zu gering, um sämtiche sogenannten versicherungsfremden Leistungen der Rentenversicherung vollständig abzudecken. Beispiele für diese Leistungen sind etwa Renten für Aussiedler oder Zuschüsse der Rentenversicherung an andere Zweige der Sozialversicherung.

Nachteilig von dieser Vorgehensweise des Gesetzgebers betroffen sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Allerdings zählt der Arbeitgeberanteil zu den unversteuerten Beiträgen des Arbeitnehmers. Er kann zudem als Teil der gesetzlichen Lohnnebenkosten von dem entrichtenden Unternehmen steuerlich geltend gemacht werden. Letztlich haben also nur die Pflichtversicherten den vollen steuerlichen Nachteil zu tragen.

Verdeckte Besteuerung aufgrund geringen Bundeszuschusses

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 6. März 2002 die steuerliche Situation von Beamten/Pensionären bzw. Pflichtversicherten/Rentnern untersucht. Dass es dabei die verdeckte Besteuerung nicht berücksichtigt hat, ist unverständlich. Hier hätte das Gericht im Sinne eines Zitats aus einer Bundestagsdrucksache entscheiden sollen: „Versicherungsfremde Leistungen und versicherungsfremde Umverteilungsanliegen stellen – sofern sie als notwendig erachtet werden – gesamtgesellschaftliche Aufgaben dar und sollten von der gesamten Gesellschaft, also von allen Steuerzahlern, finanziert werden und nicht nur vom kleineren Kreis der Beitragszahler im Wesentlichen aus Lohneinkommen bis zu einer Beitragsbemessungsgrenze.“7)Deutscher Bundestag, Drucksache 16/65, S. 331.

Verfassungsbeschwerden gegen die verdeckte Besteuerung hat das BVerfG regelmäßig nicht angenommen. Denn aus den Grundrechten folge kein Anspruch eines Mitglieds eines verfassungsmäßig eingerichteten Zwangsverbandes auf generelle Unterlassung einer bestimmten Verwendung öffentlicher Mittel.8)1 BvR 1498/94 vom 28.10.94 u. a. Stattdessen hat das Gericht in seiner Entscheidung 2 BvL 17/99 vom 6. März 2002 den zu geringen Bundeszuschuss sogar als steuerbares Einkommen gewertet.

Verdeckte Besteuerung aufgrund von Transferleistungen

Die Finanzierung der versicherungsfremden Leistungen in der Rentenversicherung hat sich durch die Wiedervereinigung noch verschlechtert. Denn die westdeutschen Rentenkassen überwiesen seitdem an die Rentenkassen in den neuen Bundesländern die so genannten Transferleistungen. Allein von 1992 bis 2003 einschließlich betrugen diese über 100 Mrd. Euro.9)Focus 18.10.2004, S. 11. Den Pflichtversicherten in den alten Bundesländern wurde nämlich die zusätzliche Finanzierung von 4 Millionen Renten in den neuen Bundesländern aufgebürdet. Auch hier wurden statt Steuern die Beiträge der Pflichtversicherten für Aufgaben der Allgemeinheit verwendet. Es handelt sich also um eine weitere Benachteiligung der Pflichtversicherten gegenüber Beamten.

Dass es sich bei der verdeckten Besteuerung nicht um Kleinbeträge handelt, soll am Beispiel des typisierten Pflichtversicherten für das Jahr 1995 gezeigt werden (alle Werte sind in diesem Beispiel von DM in Euro umgerechnet): Der Pflichtversicherte mit dem Lohn in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung entrichtete einen eigenen Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von 4.451 Euro. In diesem Jahr saldierten sich die versicherungsfremden Leistungen und die Transferleistungen auf ca. 59,9 Mrd. Euro, während der Bundeszuschuss lediglich rd. 30,4 Mrd. Euro betrug.10)O. W. Teufel, Versicherungsfremde Leistungen in der Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung, in: Aktion Demokratische Gemeinschaft (Hrg.), November 2009, S. 11. Die Beitragseinnahmen der Rentenversicherung lagen 1995 bei 116.404 Mrd. Euro.11)Deutsche Rentenversicherung Bund, Rentenversicherung in Zeitreihen 2010, S. 222.

Nicht abgedeckt durch Mittel des Bundeszuschusses waren also 29,5 Mrd. Euro (59,9 Mrd. Euro abzügl. 30,4 Mrd. Euro). In Bezug auf die Beitragseinnahmen machen die ungedeckten versicherungsfremden Leistungen also 25,3 Prozent aus (Anteil von 29,5 Mrd. Euro an 116.404 Mrd. Euro). Dieser Anteil musste folglich aus den Beiträgen der Pflichtversicherten gedeckt werden. Bei dem typisierten Pflichtversicherten sind aber 25,3 Prozent seines Rentenversicherungsbeitrags in Höhe von 4.451 Euro ca. 1.127 Euro. Rund ein Viertel seines Beitrags diente also nicht der Finanzierung von Renten, sondern von versicherungsfremden Leistungen.

Wie schon erwähnt, betrugen die versicherungsfremden Leistungen im Jahr 1995 nach den Untersuchungen des VDR 100 Mrd. DM. Ein Teil dieser Leistungen, nämlich 60 Mrd. DM, war durch den Bundeszuschuss gedeckt. Dagegen waren 40 Mrd. DM nicht durch den Bundeszuschuss gedeckt, sondern wurden je zur Hälfte aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert. Die Transferleistungen des Jahres 1995 in Höhe von 15,9 Mrd. DM wurden nicht einmal berücksichtigt.12)Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.). Jahresbericht des VDR. Die deutsche Rentenversicherung 2000; Seite 38 Eine Beseitigung dieses steuerlichen Nachteils für die Pflichtversicherten würde mit höheren Steuern für Beamte und Pensionäre einhergehen. Für die Pflichtversicherten käme es zu einer Reduzierung ihres Beitrags zur Rentenversicherung.

Wer nun glaubt, die Höhe der versicherungsfremden Leistungen nehme ab, wird enttäuscht sein: Nach den Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Bund betrugen sie im Jahr 2009 nach der ursprünglichen Definition des VDR 47,3 Mrd. Euro. Unter Hinzunahme der Transferleistungen erhöht sich der Betrag auf 61,6 Mrd. Euro.13)Deutsche Rentenversicherung, Heft 1, März/April 2012, S. 3.

5.5 Die realen Nachteile der Pflichtversicherten und Rentner

Rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer haben in ihrer Erwerbsphase erhebliche steuerlich-finanzielle Nachteile, die niemals beglichen werden. Der Gesetzgeber „leiht“ sich von ihnen finanzielle Mittel ohne hierfür Zinsen zu entrichten. Diese „entliehene“ Summe begleicht er auch nicht und erspart sich so die Aufnahme von Staatsanleihen. Solche Anleihen sind unter normalen Bedingungen zu verzinsen. Tatsächlich räumen alle Pflichtversicherten dem Gesetzgeber also ein zinsloses und rückzahlungsfreies Darlehen ein.

Das BVerfG und die SVK haben keinen der steuerlich-finanziellen Nachteile erkannt. Schlimmer noch, der BFH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest und erklärt das Alterseinkünftegesetz für rechtens:

Die Besteuerung der Altersrenten mit dem Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist verfassungsmäßig, sofern nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstoßen wird.
Mit Vorbringen, das sich gegen die Richtigkeit des Urteils des BVerfG vom 6. März 2002
2 BvL 17/99 richtet, kann eine erneute verfassungsgerichtliche Prüfung des AltEinkG NICHT erreicht werden.
Die Revision wurde an das jeweilige Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Dieses sollte auch die Rolle des steuerfreien Arbeitgeberbeitrags zur Rentenversicherung prüfen.

Dem steuerfreien Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung stehen die steuerlich-finanziellen Nachteile des Pflichtversicherten in seiner Aktivphase gegenüber, die hier kurz wiederholt werden sollen.

Der Vorsorgepauschale-Nachteil
Dieser Nachteil entsteht dem Pflichtversicherten dadurch, dass die ihm zur Verfügung stehende Vorsorgepauschale, d. h. der Steuerabzug für Vorsorgeaufwendungen, immer geringer war als die Vorsorgepauschale von Beamten – auch nach deren Kürzung. Das bedeutet einen klaren Verstoß gegen den Gleichheitssatz.

Der Progressionsnachteil
Bei Pflichtversicherten erhöhen die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung als Teil des besteuerten Lohns die Besteuerungsbasis. Sie bewirken eine höhere Steuer, die nur teilweise durch die VSP ausgeglichen wird. Hier entstehen den Pflichtversicherten grundsätzlich steuerlich-finanzielle Nachteile gegenüber Beamten. Pflichtversicherte mit einem Lohn höher als die Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung haben allerdings auch Nachteile gegenüber Pflichtversichertem mit niedrigerem Lohn.

Der Grundpreis-Nachteil
Der Grundpreis einer Ware ist der Preis je Mengeneinheit, etwa der Preis. Auf die Rente angewendet kann man fragen, wie hoch die Summe der Rentenversicherungsbeiträge aus bereits versteuertem Lohn für 1.000 Euro der monatlichen Erstrente ist. Tatsächlich entrichten Pflichtversicherte für eine gleich hohe Erstrente sehr unterschiedlich hohe Beiträge zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen, wenn sie im selben Jahr verrentet werden. Ihre Rente wird dann nach derselben Systematik besteuert (Steuersatz, Freibeträge). Dieser Nachteil betrifft Pflichtversicherte untereinander, aber auch Pflichtversicherte gegenüber Beamten mit geringen Löhnen.

Der Nachteil der verdeckten Besteuerung wird hier nicht aufgeführt, da es keinen allseits akzeptierten Katalog der versicherungsfremden Leistungen gibt. Unter verdeckter Besteuerung versteht man die Verwendung von Rentenversicherungsbeiträgen der Pflichtversicherten an Stelle des zu geringen Bundeszuschusses zur Deckung von versicherungsfremden Leistungen.

Nachteile für den typisierten Pflichtversicherten in der Aktivphase

Nachteil

verzinster Nachteil 1960

verzinster Nachteil 2004

Nachteil in Aktivphase

VSP-Nachteil

0,00

129.866,76

129.866,76

Progressionsnachteil

0,00

24.440,42

24.440,42

Grundpreis-Nachteil

0,00

300.791,56

300.791,56

Summe

455.098,74

Der typisierte Pflichtversicherte ist nach den Vorstellungen der Sachverständigenkommission (SVK) ein lediger Pflichtversicherter der 45 Jahre von 1960 bis 2004 ununterbrochen arbeitete und dabei einen Lohn in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung erhielt. In dieser Zeit erreichten die verzinsten Nachteile eine beträchtliche Höhe. Der Progressionsnachteil betrug im Jahr 2004 24.440,22 Euro, der Vorsorgepauschale-Nachteil 129.866,76 Euro, der Grundpreis-Nachteil 300.791,56 Euro. Die Summe der verzinsten Nachteile machte 455.098,74 Euro aus. Der steuerfreie Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung betrug nach Anlage 7/1 des Abschlussberichts der Sachverständigenkommission dagegen nur 119,622,70 Euro.

Die Summe der steuerlich-finanziellen Nachteile in der Aktivphase übersteigt also den steuerfreien Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung deutlich.
Dabei wurde der Nachteil der verdeckten Besteuerung nicht einbezogen.

Folgt man der Argumentation des BFH, ist auch der Beweis der Doppelbesteuerung in der Rentenphase des typisierten Pflichtversicherten zwingend. In der Entscheidung 2 BvL 17/99 findet sich in Sachen Doppelbesteuerung der folgende Leitsatz: „Der Gesetzgeber hat im Rahmen der gebotenen Neuregelung die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.“
Das Gericht definiert nicht genau, was es unter Doppelbesteuerung versteht. Aber unabhängig davon bedeutet der Leitsatz, dass beide Phasen, die Aktivphase und die Rentenbezugsphase, des Pflichtversicherten betrachtet werden müssen. Es ist also notwendig, die steuerlich-finanziellen Nachteile auf die Aktiv- und die Rentenphase des Pflichtversicherten aufzuteilen. Seine Rentenphase dauert zwar bis 2021, aber es ist ausreichend, die Aufteilung bis 2015 vorzunehmen (alle Beträge in Euro).

Nachteile für den typisierten Pflichtversicherten in der Rentenphase

Nachteil

verzinster Nachteil 2005

verzinster Nachteil 2015

Nachteil in Rentenphase

VSP-Nachteil

129.866,76

170.921,31

41.054,55

Progressionsnachteil

24.440,42

32.166,74

7.726,32

Grundpreis-Nachteil

300.791,56

395.880,45

95.088,89

Summe

143.869,76

Die steuerlich-finanziellen Nachteile des typisierten Pflichtversicherten erhöhen sich in seiner Rentenphase weiter: Der VSP-Nachteil um 41.054,55 Euro, der Progressionsnachteil um 7.726,32 Euro und der Grundpreis-Nachteil um 95.088,89 Euro. Insgesamt erreicht die Summe der Nachteile Ende 2015 eine Höhe von 143.869,76 Euro.

Damit ergibt sich in puncto Doppelbesteuerung folgendes Bild:

Steuer und steuerähnliche Nachteile

Betrag

Summe verzinste Nachteile in der Rentenphase

143.869,76

Summe RV-Beiträge aus versteuertem Einkommen (SVK Anlage 7/1)

82.725,00

versteuerte Rente (SVK Anlage 7/2)

138.383,00

Gesamtsumme

364.977,76

Bei dem typisierten Pflichtversicherten liegt also eine Mehrfachbesteuerung seiner Rente vor.
Dabei wurde der Nachteil der verdeckten Besteuerung nicht einbezogen.

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