Gerne weisen die Mitglieder des Petitionsausschusses des deutschen Bundestages darauf hin, dass jeder Bürger ein von der Verfassung verbrieftes Recht auf Petitionen hat. Im Jahr 2007 gab es sogar eine Broschüre zum Thema: „Petitionen – Von der Bitte zum Bürgerrecht.“ Klingt gut, was?
Tatsächlich lautet Artikel 17 des Grundgesetzes: Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.
Das ist aber auch schon alles, was gut ist. Denn der Petitionsausschuss hat einen so genannten Ausschussdienst zur Seite. Der ist keineswegs durch die Verfassung legitimiert. Und wie es scheint, ist seine einzige Aufgabe, das Abwimmeln unliebsamer Petitionen. Unliebsam heißt, es handelt sich um ein Thema, das möglicherweise die Privilegien von Beamten einschränkt.
Also, hier die Geschichte: Reicht jemand eine Petition ein. Als Antwort erhält er das Schreiben des leibhaftigen Oberamtsrats K. Schreibt der Herr K unter dem Stichwort ‚Steuerrecht’: „Nach Prüfung aller Gesichtspunkte kommt der Ausschussdienst zu dem Ergebnis, dass eine Umsetzung Ihres Anliegens angesichts der gegenwärtigen Handlungsprioritäten auf diesem Gebiet ausgeschlossen erscheint.“
Wie die meisten hat der Petent das leider nicht verstanden. Und so antwortete er mit einer Reihe von Fragen:
Was bedeutet „nach Prüfung aller Gesichtspunkte“?
Welche Gesichtspunkte meinen Sie?
Haben Sie die falschen Daten und Argumente des Bundesverfassungsgerichts überprüft oder nicht?
Von welchen Handlungsprioritäten ist hier die Rede?
Wer ist der Handelnde?
Und welches Gebiet ist gemeint?
Warum weigern Sie sich, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung zur Beurteilung zuzuziehen?
Warum werden die Wissenschaftlichen Dienste nicht zur Überprüfung der Zahlen herangezogen?
Nach welchen Kriterien wird die Veröffentlichung der Petition abgelehnt, obwohl von mir alle Vorgaben zum Einreichen einer Petition eingehalten wurden?
Trotz mehrfacher Anfragen war Herr Oberamtsrat K. nicht willens, eine Antwort zu geben. Alle seine Vorgesetzten ebenfalls nicht. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses auch nicht. Kein Abgeordneter und auch nicht der Bundestagspräsident, einfach niemand.
Dabei wäre alles so einfach gewesen. Es gibt nämlich die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages. Die haben nicht nur Karl-Theodor von und zu Guttenberg unfreiwillig bei dessen Dissertation geholfen. Nein, die Dienste sind Eingeweihten aus Justiz und Wissenschaft ein Begriff. Auch das Bundesverfassungsgericht verweist auf ihre Gutachten.
Um was ging es denn eigentlich in dieser Petition? Ihr Text lautete: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, das Bundesverfassungsgericht aufzufordern, die steuerliche Benachteiligung von Pensionären gegenüber Rentnern erneut zu berechnen. Allerdings sollten dabei real existierende bzw. den gerichtseigenen Quellen gemäße Renten, Pensionen und Zusatzeinkommen verwendet werden. Denn zur Zeit beruht das Alterseinkünftegesetz offensichtlich auf falschen Berechnungsgrundlagen.“ Dann folgte die Begründung der Petition mit Quellenangaben.
Hat alles nicht geholfen. Denn ohne die Verwendung falscher Daten hätte das BVerfG nicht beweisen können, dass Pensionäre gegenüber Rentnern steuerlich benachteiligt werden.
Da hätte der Petent aber auch an Einiges denken sollen: Das einwandfreie Zitieren von Quellen gilt für Promovierende, nicht für Bundesverfassungsrichter. Und Beamtenprivilegien in Frage zu stellen, das ist schlimmer als ein Sakrileg.
Zwar darf jeder nach Artikel 17 des Grundgesetzes eine Petition einreichen. Ein Recht auf Beantwortung kryptischer Ablehnungen lässt sich daraus aber nicht ableiten.
Aber was stand hinter der Petition? Mit der Petition wurde der Gesetzgeber aufgefordert, die falschen Daten der Gerichtsentscheidung zu hinterfragen und Altersarmut von zwei Dritteln der Bevölkerung abzuwenden. Sollte wohl nicht sein. Dafür sorgen schon die Parlamentarier und ihr Petitionsausschussdienst.