2017 ist wieder Bundestagswahl. Da kann geheuchelt werden, was das Zeug hält und zu jedem Thema. Eines dieser Themen: die Altersarmut. Aber ist der Vorwurf der Heuchelei gerecht? Fangen wir bei den Gerichten an. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fällte 2002 das Urteil 2 BvL 17/99 nach dem Pensionäre gegenüber Rentnern steuerlich benachteiligt werden. Um nur einige Fahler des Gerichts zu nennen: nicht mögliche, zu hohe Beträge für Renten gegenüber der gerichtseigenen Quelle, falsche Beträge für Pensionen, da sie unterhalb der Mindestpension liegen, zu hohe Beträge für ein mögliches zu versteuerndes Zusatzeinkommen gegenüber der gerichtseigenen Quelle usw. Lesen Sie einfach mal das Kapitel 2 dieser Website.
Wer gegen das Urteil bzw. gegen die Besteuerung der Renten nach dem Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) klagt, landet nach Jahren des Wartens bei einem Finanzgericht (FG) schließlich beim Bundesfinanzhof (BFH). Das ist das oberste Gericht für Steuern und Zölle. Am 6. April 2016 wies der BFH eine Revisionsklage gegen die Besteuerung gemäß dem AltEinkG unter dem Aktenzeichen X R 2/15 an das FG zurück. Wenn der BFH das Urteil 2 BvL 17/99 für verfassungswidrig, also für falsch erachtet, hat er keine Möglichkeit, das BVerfG anzurufen. Der BFH ist an das Urteil des BVerfG gebunden. Aber er kann das BVerfG anrufen, wenn er der Auffassung ist, dass das AltEinkG verfassungswidrig ist. Von dieser Möglichkeit hat der BFH allerdings keinen Gebrauch gemacht.
Also, wird bei Gericht geheuchelt? Aber klar doch!
Betroffen von den Urteilen des BVerfG bzw. des BFH sind Pflichtversicherte und Rentner, also aktive Arbeitnehmer und solche im Ruhestand. Man sollte daher annehmen, dass gerade Gewerkschaften diese Urteile aufmerksam verfolgen und ggf. durch Klagen korrigieren oder wenigstens auf Fehlentwicklungen aufmerksam machen.
Und wie war die Reaktion des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf das obige Fehlurteil des BVerfG? Der DGB forderte eine „sozialverträgliche Umsetzung“ des Urteils. Ok, die Beweisführung des BVerfG beruht auf falschen Zahlen. Solche Fehler unterlaufen einem Gericht schon mal. Das kann man nicht anprangern, da kann man eben nur eine „sozialverträgliche Umsetzung“ des Fehlurteils fordern.
Und sonst? Gewerkschaftsvertreter sitzen auch in vielen entscheidenden Gremien der Deutschen Rentenversicherung Bund. Annelie Buntenbach ist sogar Vorsitzende des Bundesvorstandes der Deutschen Rentenversicherung Bund. Und was sagt sie so?
„Wir können es nicht zulassen, dass die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben – und nichts anderes ist die Rentenangleichung, die über die Lohnangleichung hinausgeht – den Beitragszahlern aufgebürdet wird.“ Toll geheuchelt! Seit 1957 bestiehlt die Politik mit Wissen der Gewerkschaftsvertreter die Pflichtversicherten um ungeheure Summen in Form von so genannten versicherungsfremden Leistungen. Führende Gewerkschafter sitzen seit 1958 auch im so genannten Sozialbeirat Sie alle sahen und sehen tatenlos zu, wenn es um die Absenkung des Rentenniveaus geht. Gute Nacht Pflichtversicherte und Rentner, die sich von Gewerkschaftern vertreten fühlen. Diese können nur heucheln.
Zu den Berufsheuchlern der Republik gehören auch der VdK und der SoVD. Beiden Vereinen ist Einiges gemeinsam: sie sind selbsternannte Vertreter der Rentner. Und ihre Vorsitzenden sind alles andere als Rentner. Dem VdK steht Frau Mascher vor. Sagt Ihnen nichts? Das war die Staatssekretärin von Walter Riester. Den SoVD leitet Herr Adolf Bauer, ein Beamter. Und beide Vereine sind im Heucheln gut, aber nur darin.
Politiker heucheln von Berufs wegen. Politiker haben in der Regel nie selbst Schuld. Da ist die Bundesregierung, da sind die Bundesländer, da ist Brüssel, da sind die Finanzmärkte usw. Und wenn man sie an ihre eigenen Worte erinnert, gilt der Satz von Franz Müntefering:
„Wir werden an den Wahlversprechen gemessen – das ist unfair.“ Jeder zweite Beschäftigt muss mit Altersarmut rechnen? Nein, da haben die Politiker doch etwas gegen unternommen – auf Kosten der Beschäftigten. Diese Heuchler.
Nun könnte man annehmen, dass die Medien diese Heuchelei aufdecken. Schauen wir mal genauer hin. Ein Rolf Lamprecht arbeitete als SPIEGEL-Korrespondent bei den Obersten Gerichtshöfen des Bundes in Karlsruhe. Er schrieb u. a. das Buch ‚Ich gehe bis nach Karlsruhe’. Darin erwähnte er ausgerechnet das Urteil 2 BvL 17/99 bzw. die falschen Zahlen zu Renten, Pensionen und Zusatzeinkommen. Er kommt zu dem Schluss: Hier habe Jutta Limbach, die damalige Präsidentin des BVerfG und Vorsitzende des Zweiten Senats, ihr Fingerspitzengefühl gezeigt.
Da haben wir aber doch noch den FOCUS werden Sie sagen. Ja, das stimmt. Aber es stimmt auch, dass Herr Markwort, der Herausgeber mit Carsten Maschmeyer. – sagen wir – befreundet ist. Und dieser Herr Maschmeyer hat mit einem gewissen Bert Rürup eine gemeinsame Firma gegründet. Wenn Sie Herrn Rürup bislang noch nicht kannten, dann lesen Sie bitte Kapitel 3 dieser Website.
Oder nehmen Sie Heribert Prantl. Er leitet das Ressort für Innenpolitik bei der Süddeutschen Zeitung (SZ) und ist Mitglied der Chefredaktion. Über seine Kritik an der Asylrechtsprechung des BVerfG sagte Winfried Hassemer als Laudator bei der Verleihung des Siebenpfeiffer-Preises 1999 an Prantl: „Es ist Urteilsschelte in schärfster Zuspitzung, und die trifft das Gericht genau an der Stelle, an der es verwundbar ist: bei Solidität und Ernsthaftigkeit des Grundrechtsschutzes“. Übrigens war Herr Hassemer einer der Richter, die das Fehlurteil 2 BvL 17/99 zu verantworten haben.
2012 geriet Prantl mit einem Porträt des Präsidenten des BVerfG Andreas Voßkuhle in die Kritik. Er hatte in einem Stil geschrieben, der nahelegte, dass er persönlich bei Voßkuhle in der Küche zu Gast gewesen war – was er keineswegs war. Das löste eine Debatte um journalistische Sorgfalt und redaktionsinterne Kritik aus, woraufhin die SZ eigens eine Klarstellung druckte.
Glauben Sie wirklich, dass die Repräsentanten dieser Medien Kritik an BVerfG oder an der Arbeit der Sachverständigenkommission zulassen? Nein, sie heucheln lieber.
Machen wir uns also auf ein Jahr der Heuchelei gefasst.